Fleischer-Geschichten

Es findet ein Umdenken statt, das ist deutlich spürbar

Jasmin Möding, Katharina Koch und Nora Seitz zählen zu den zehn Prozent der Fleischermeister*innen im Verbandsgebiet des DFV. Anlässlich des Weltfrauentages am 8. März haben wir mit den Dreien darüber gesprochen, was es für sie bedeutet, als Frau im Handwerk tätig zu sein.

Frau Seitz, als Ausbildungsbeauftragte des Deutschen Fleischer-Verbandes, sind Sie ganz nah am Nachwuchs dran. Wie verteilt sich das Verhältnis zwischen Männern und Frauen in der Ausbildung?
Fleischermeisterin Nora Seitz

Nora Seitz: Auf beiden Seiten fängt es an, sich zu wenden. Bei den Fachverkäufer*innen finden sich immer mehr Jungs und die Mädels gehen vermehrt in die Produktion. Girls- and Boys-Days leisten da gute Arbeit. Beim Fleischerhandwerk handelt es sich nämlich um Berufe, die sowohl Frauen als auch Männer ausüben können. Da wird nicht sortenrein getrennt.

Lässt sich ein Trend dahingehend erkennen, dass mehr Frauen eine Ausbildung zur Fleischer*in/Meister*in machen?

Nora Seitz: Auf jeden Fall! Als Fachverkäuferin steht man nach der Ausbildung vor einer Entscheidung: Entweder man bleibt und arbeitet in diesem Bereich oder man macht eine weitere Ausbildung. Immer mehr Frauen gehen den zweiten Weg und erarbeiten sich den Titel der Fleischergesellin und später der Meisterin. Mit dem Meister hat man letztendlich auch mehr Möglichkeiten, wie zum Beispiel die Leitung des eigenen Ladens. Im Moment sind wir allerdings dabei, die Ausbildungsordnung für Fachverkäufer*innen zu bearbeiten. Künftig soll auch hier der Produktionsanteil steigen.

Wie sieht es in der Praxis aus? Handelt es sich beim Fleischerhandwerk Ihrer Ansicht nach immer noch um eine Männerdomäne?

Katharina Koch: Dass ich als Fleischertochter den Familienbetrieb übernehme, wäre früher undenkbar gewesen. Mittlerweile begeistern sich auch mehr Frauen dafür, nicht zuletzt auch weil der Beruf vielfältiger geworden ist. Das Handwerk ist nach wie vor männlich geprägt, aber das ändert sich langsam. Es findet ein Umdenken statt, erfreulicherweise auch bei den männlichen Kollegen, das ist deutlich spürbar.

Jasmin Möding: Das Fleischerhandwerk wird damit verbunden, dass man stark sein muss und viel Kraft braucht für Schlachtung und Zerlegung. Dadurch entstand eben die Rollenverteilung, dass Männer eher die Fleischer waren und Frauen vorne im Laden das Geschäft als Fachverkäuferin repräsentierten. Das sieht man auch in den Berufsschulen. In den Klassen des Berufs Fachverkäufer*in sitzen 15 Frauen und ein Mann. Und bei den Fleischer*innen sind es 15 Männer und eine Frau. Ich habe selbst gemerkt, dass der Beruf natürlich viel mit körperlicher Arbeit zu tun hat, aber Frauen trauen sich inzwischen vermehrt, den Beruf der Fleischerin auszuüben. Körperliche Fitness kann man trainieren. Fleischermeister*in zu sein, bedeutet außerdem nicht, dass man den ganzen Tag in der Produktion steht. Man muss das Klischee aufbrechen und erklären, was den Beruf neben der körperlichen Arbeit noch ausmacht. Dabei muss man sich als Frau nicht in eine stereotypisch männliche Vorstellung zwängen. Man kann sich eben auf jene Kompetenzen besinnen, die einem besonders liegen.

Nora Seitz: Ich sehe es in der Nationalmannschaft, dass das oft Gröbere von den Jungs und das Feinere von den Mädels wunderbar zusammenpasst. Hier unterstützen sich Jungs und Mädels gegenseitig und arbeiten als Team. Die Stärken des Einen gleichen die Schwächen des Anderen aus.

Begegnet man in dem Beruf als Frau häufiger Vorurteilen, wie gehen Sie damit um?

Jasmin Möding: Viele meiner männlichen Kollegen sind überrascht, wenn ich ihnen von meinem beruflichen Werdegang erzähle. Ich komme ja ursprünglich vom Marketing und habe erst viel später meine Ausbildung zur Fachverkäuferin und dann den Meistertitel gemacht. Die Reaktion ist dabei aber immer positiv. Die meisten Kollegen begegnen weiblichen Nachwuchskräften mit viel Zuspruch und Anerkennung. Im Fleischerhandwerk findet man allgemein respektvollen Umgang miteinander. Es sollte nicht das Ziel sein, dass Frauen das Fleischerhandwerk „übernehmen“. Vielmehr ist es wichtig, Klischees aufzubrechen und immer mehr Frauen für den Beruf zu begeistern.

Fleischermeisterin Katharina Koch

Katharina Koch: Viel weniger, als ich ursprünglich vermutet habe. Im Gegenteil, die Leute finden das gut. Als ich mit 31 die Führung des Betriebes übernommen habe, habe ich mich auch gefragt „Respektieren die mich überhaupt?“. Ich wurde aber positiv überrascht. Grundsätzlich wurde es als gut empfunden, dass mit mir ein kooperativer und teamorientierter Führungsstil in den Betrieb kam.

Wieso wollten Sie Fachverkäuferin/Fleischerin werden?

Katharina Koch: Eine handwerkliche Fleischerei ohne die fachlichen Grundlagen erfolgreich zu führen, ist meines Erachtens nur schwer möglich. In meinem Politikwissenschaften-Studium habe ich zwar viel gelernt, was mich auch weitergebracht hat. Nach meinem Studium und durch meine Weiterbildung zur Fleischermeisterin habe ich ganz neu kennen und schätzen gelernt, praktisch zu arbeiten. Ich schätze an unserem Beruf, dass man am Ende des Tages sehr konkret sieht, was man geleistet hat.

Fleischmeisterin Jasmin Möding

Jasmin Möding: An meinem alten Job im Marketing haben mich die festen Arbeitszeiten gestört. Als Mutter von zwei Kindern ist Flexibilität total wichtig. Während ich im Marketing des Betriebes meiner Eltern aushalf, habe ich gemerkt, dass mich andere Geschäftsbereiche interessieren und ich gerne richtig mitarbeiten würde. Die Freiheiten des Berufes haben mich schließlich überzeugt, die Ausbildung zu machen. Mit dem Meistertitel erfüllte ich mir letztendlich auch den Wunsch nach Selbstständigkeit.

Als zweifache Mutter wissen Sie, wovon Sie reden. Lassen sich Beruf und Familie vereinbaren?

Jasmin Möding: Das geht auf jeden Fall. Vor allem, wenn man selbstständig ist. Ich kann mir beispielsweise die Arbeitszeiten selbst gestalten. Teilweise früh morgens oder erst abends arbeiten. Kinder mit in den Betrieb nehmen, so bin ich auch selbst aufgewachsen. Mit meinem Beruf möchte ich ein Vorbild für meine beiden Töchter sein. Zur Schule gehen, weiterbilden und immer schauen, was man für Möglichkeiten im Leben hat. Und auch mal in Berufe reinschnuppern, die vornehmlich von Männern ausgeführt werden.

Was wünschen Sie sich für das Fleischerhandwerk?

Katharina Koch: Dass sich das Image des Fleischerhandwerks noch weiter verbessert. Die Menschen interessieren sich zwar immer mehr für handwerklich hergestellte Lebensmittel, die Herkunft und Haltung der Tiere berücksichtigen, und weniger für die Industrieprodukte. Ich hoffe aber vor allem, dass sich auch mehr junge Kolleginnen die Betriebe Ihrer Eltern übernehmen. Vielleicht kann ich hier als eine Art Vorbild dienen.

Jasmin Möding: Ich wünsche mir, dass die Leute mutiger werden, einen Beruf im Fleischerhandwerk zu ergreifen. Auch im Handwerk kann man was gegen industrielle Massentierhaltung tun. Es gibt so viele Möglichkeiten, Ideen zu verwirklichen und etwas mit dem Beruf zu bewegen.

Was würden Sie jungen (weiblichen) Nachwuchskräften mit auf den Weg geben?

Katharina Koch: Mutig sein und sich von seiner eigenen Begeisterung antreiben zu lassen. Einfach mal ausprobieren, ein Praktikum machen und sich nicht von Klischees abhalten lassen. Wichtig ist, die eigenen Möglichkeiten auszutesten und letztendlich mit seinem Beruf zufrieden zu sein.

Jasmin Möding: Ich persönlich habe gemerkt, dass man im Meisterkurs und im beruflichen Alltag, als Frau auch kollegialen Rückhalt der männlichen Kollegen erfährt. Als Frau muss man also keine Angst vor einem männerdominierten Berufsfeld haben. Eher im Gegenteil. Man bekommt im Fleischerhandwerk als Frau, die Anerkennung, die man verdient, wenn man sich richtig reinhängt.


Einfach gut genießen – Dein Fleischerhandwerk